Durch die Wiederentdeckung der Zentralperspektive wird der Zusammenhang zwischen Mathematik und Kunst besonders deutlich. Auch in der konkreten Kunst gibt es Künstler, die sich in ihren Bildern auf die Zentralperspektive beziehen, aber viele weitere mathematische Aspekte spielen besonders bei der Bildentstehung eine große Rolle. Viele Künstler verwenden in ihren stark reduzierten Werken einfache geometrische Primärstrukturen.
Die Mathematik findet man im Alltag wieder, bei den einfachsten Dingen braucht man Mathematik und wendet sie sogar an. Die Aufgabe der Künstler ist es, den Alltag zu analysieren und zu kommentieren und somit findet man eine Beziehung zwischen der Mathematik und der konkreten Kunst. Bei diesen Künstlern erkennt man, dass in den Bildern oft die große Bedeutung der Zahl oder das Quadrat eine Rolle spielt. Die Künstler versuchen ihre Kunstwerke so zu gestalten, dass man die mathematischen Aspekte oder die Idee der Entstehung erst nachvollziehen kann, wenn man die Konstruktion der Bilder analysiert und nachkonstruiert.
Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch ist einer dieser Künstler, der sich von einem einfachen mathematischen Teilgebiet leiten ließ, nämlich das Quadrat. Er hat in seinen Bildern immer Quadrate gezeigt und nutzt zur Konstruktion die Eigenschaften des Quadrates aus.
Geometrie als Wissenschaft war die Richtschnur der Malerei bzw. der konkreten Kunst, aber auch andere mathematische Gebiete werden in den Bildern aufgegriffen, wovon später noch einige beschrieben werden. In der neuen Kunst sind die zentralen Begriffe „Ordnung“, „Sachlichkeit“ und „Konstruktion“ von großer Bedeutung (vgl. [3], S.48). Diese Eigenschaften der Kunstwerke werden von den Künstlern oft durch die Grundelemente der Geometrie wie dem Kreis, dem Quadrat und dem Dreieck verwirklicht. Deswegen wird auch im Zusammenhang zur konkreten Kunst von einer Epoche der Konstruktion gesprochen. Die Bilder werden als mathematisches Demonstrationsmodell benutzt. Somit kann auch die Mathematik in der Schule mit Hilfe dieser Bilder besser veranschaulicht werden und auch Schülern mit Schwierigkeiten in Mathematik eine Chance zum besseren Verständnis gegeben werden.
„In den 1920er-Jahren entwickelt der belgische Maler und Bildhauer Georges Vantongerloo Bilder und Skulpturen nach algebraischen Regeln“ (vgl. [3] ,S.98). Theo van Doesburg schrieb in der Gruppe De Stijl: „ Wir arbeiten mit den Mitteln der Mathematik und der Wissenschaft, das heißt mit dem Mittel des Denkens.“ (vgl. [3], S.98). Die Gruppe De Stijl war eine der ersten Gruppen der konkreten Kunst, in ihr waren die Begründer der Kunstform vertreten.
Die erste Ausstellung mit dem Titel „Konkrete Kunst“ fand 1944 in der Kunsthalle Basel statt, dazu wurden auch Zeitschriften herausgegeben, die aber kurze Zeit darauf wieder eingestellt wird. Mit dieser Kunstform können Kunstwerke höchster Individualität geschaffen werden, das bedeutet, die Betrachter können die Entstehung der Bilder nachvollziehen und auch eigene Bilder konstruieren oder durch andere Farbwahl neue Bilder erzeugen. Die Natur spielt dabei keine Rolle und wird auch nicht als Vorbild benutzt. In der konkreten Kunst müssen die Werke nachvollziehbar sein, auch wenn keinerlei Gegenstände dargstellt werden.
Um eine grobe Einteilung der konkreten Kunst zu geben, kann man sagen, dass diese Kunstform in zwei Kategorien zerlegt werden kann. In eine, bei der geometrische Formen dargestellt oder benutzt werden und eine zweite, in der Zahlen eingesetzt werden, wie man oben schon im Primzahlenbild gesehen hat.
Durch die Objektivität der Bilder wird auch gleichzeitig die Schönheit oder Ästhetik der Bilder deutlich. Dadurch, dass kein Gegenstand abgebildet wird, sind die Bilder zeitlos und immer schön.
Wenn die Frage gestellt wird, von was die konkrete Kunst handelt, könnte man vielleicht als Antwort geben: Von Farben, Formen, vom Raum, aber auch von Bewegung und Licht. Um konkrete Bilder zu erstellen, muss zuerst eine auf das Ganze bezogene Planung gemacht werden und das Bild vorher in Gedanken entstehen.
Max Bill, Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse sind die Kernkünstler der konkreten Kunst, diese werden bis heute noch als „Züricher Konkrete“ bezeichnet. Jedes einzelne Bild hat ein System und eine Ordnung, die für den Betrachter sehr beruhigend wirkt.
In vielen Werken registriert man einen logisch geregelten Ablauf einer bildnerischen Idee. Damit werden in der konkreten Kunst die Denkprozesse des Künstlers auf das Papier gebracht und die Betrachter können diesen Prozess bei der Analyse des Werkes wiederholen.
„ ‚Konkret’ wird damit zu einem Stilbegriff für die streng geometrisch schlüssig strukturierte Gestaltungsweise“ (vgl. [1], S.76). Hierbei kann man aber auch schon die häufige Kritik an der konkreten Kunst herauslesen. Viele nannten diese Kunst eine gegenstandslose Kunst oder sie wurde auch als eine „kalte Konstruktion“ bezeichnet, dies wurde aber von den Begründern weitgehend abgelehnt. Die Künstler sehen die Darstellungsmaterialien als Gegenstand der Kunst an und damit auch die Idee, die zur Entstehung der Kunstwerke führt.
Josef Albers untersuchte in den unterschiedlichen Variationen seiner Serie „Homage to the Square“ „die Wirkungen von Farbe und Raum anhand der elementaren Form des Quadrates“ (vgl. [1], S. 166).