Mathematik und konkrete Kunst
  Definition
 

Defintion

Die konkrete Kunst ist unabhängig von der Realität und baut ihre Bilder auf Fläche, Raum, Linie, Farbe, Hell-Dunkel, Licht und Bewegung auf. In der Kunst sowie in der Mathematik sollen nachprüfbare Systeme entstehen. Max Bill schreibt 1949 in seinem Text „Über die mathematische Denkweise in der Kunst unserer Zeit“ zu dem Zusammenhang zwischen der Mathematik und der konkreten Kunst: „Die mathematische Denkweise in der heutigen Kunst ist nicht die Mathematik selbst, ja, sie bedient sich vielleicht kaum dessen, was man unter exakter Mathematik versteht. Sie ist vielleicht mehr  eine Anwendung logischer Denkvorgänge zur Gestaltung von Rhythmen und Beziehungen, von Gesetzen, die individuellen Ursprung haben, genau so, wie andererseits auch die Mathematik ihren Ursprung hat im individuellen Denken der bahnbrechenden Mathematiker.“ (vgl. [2], S.8).

In der konkreten Kunst kann man die Kunstwerke nach mathematischen Kategorien und Verfahren einordnen, verschiedene Künstler haben sich auf gewisse mathematische Themen spezialisiert. Der Grundgedanke der Künstler lag darin, dass die Prinzipien der Bildgestaltung deutlich und nachprüfbar sind. Nun steht in der Kunst nicht mehr die Realität im Vordergrund, sondern mathematische Begriffe und Zusammenhänge. Zum einen ist die Mathematik praktisch, anwendungsorientiert, naturwissenschaftlich, aber gleichzeitig auch theoretisch, geisteswissenschaftlich und künstlerisch (vgl. [2], S.15). Bei der künstlerischen Seite der Mathematik erkennt man besonders gut den Zusammenhang zur Kunst, nämlich bei der „die Ästhetik und Schönheit, Wahrheit und Vollkommenheit, Kreativität und Freude in den Vordergrund treten“ (vgl. [2], S.14). Und genau diese Schönheit und Ästhetik der Mathematik wollen die Künstler der konkreten Kunst in ihren Bildern ausdrücken. Sie stellten Ideen in ihren Bildern dar, nicht das Abstrakte, das in den vorherigen Kunstrichtungen meistens dargestellt wurde. Analysiert man die Bilder zum Beispiel im Unterricht, stellt man fest, dass dabei nicht nur Objektbegriffe wie Kreis, Quadrat oder ähnliches gebraucht werden, sondern auch die Eigenschaften der Objekte wie symmetrisch oder begrenzt. Um die Bildentstehung zu vertiefen, „benutzt man auch Begriffe, die Aktivitäten und Operationen beinhalten, wie abbilden, konstruieren, parkettieren, berechnen“ (vgl. [2], S.17). Hierbei wird deutlich, dass man, um die Bilder der konkreten Kunst verstehen und beschreiben zu können, nur mathematische Begriffe verwendet. Dadurch kann man die Bilder auch unter speziellen mathematischen Gesichtspunkten einteilen. Eine solche könnte sein: Symmetrie, geometrische Abbildungen, Folgen, Perspektive, Flächen und Körper im Raum und Zufall und Chaos.

Viele Künstler haben sich auf ein mathematisches Thema beschränkt und die meisten ihrer Bilder nach den Gesichtspunkten konstruiert.  Einer der ersten Künstler der konkreten Kunst war Kasimir Malewitsch, er malte ein Bild, das nichts als ein Viereck zeigte. Er legte in seinen Bildern die Ecken der Formen oft durch die so genannte Kreislinie fest. Er nutzte die Bildbreite aus und schlug mit dieser Breite Kreise um Eckpunkte und Seitenmittelpunkte, das bedeutet, die wichtigen Ecken der Formen liegen auf den Kreisen um Ecken bzw. Bildmitten mit dem Radius der Bildbreite (vgl. [2], S.19).  Ein weiteres Merkmal, das man in vielen Bildern wiederfinden kann, ist, dass sich bei mehreren Formen im Bild oft die Verlängerungen ihrer Seitenlinien im Bildrand schneiden. Dabei sieht man, dass die Mathematik nicht zum Werkzeug zur Bildentstehung beiträgt, sondern auch zum wesentlichen Inhalt des Bildes wird. Somit wird das Bild auch inhaltlich mit Mitteln der Mathematik strukturiert.

Um die Schönheit der Mathematik noch etwas zu differenzieren, möchte ich hier noch einige Beispiele aufzählen, nämlich zur „Eleganz“ der Mathematik, „Ergriffen sein“ von Mathematik und „Erstaunt sein“ über Mathematik.

Im Hinblick auf die „Eleganz der Mathematik kann man die Innenwinkelsumme im Dreieck erwähnen. Untersucht man unterschiedlich große Dreiecke, stellt man im Gegensatz zu Alltagserfahrungen fest, dass die Summe der Innenwinkel eines Dreiecks immer gleich ist, egal wie groß die Dreiecke sind. Im Alltag genügt schon die Betrachtung von einigen Beispielen, um eine Vermutung zu begründen. Im Gegensatz dazu versucht die Mathematik alle Fälle zu beweisen, dies gelingt der Mathematik erstaunlicherweise bei sehr vielen solcher Probleme. „Und noch erstaunlicher ist, dass viele der Ideen, mit denen die jeweiligen Problemlösungen gelingen, einfach, einsichtig, prägnant oder kurz: „elegant“ sind“ (vgl. [2], S.69). „Ergriffen sein“ von der Mathematik lässt sich an der Zahl Pi erläutern. Da jede gleichlange, endliche Zahlenkombination mit gleicher Wahrscheinlichkeit in den Nachkommastellen von π auftritt, so auch das eigene Geburtsdatum. Man kann das Geburtsdatum in eine Zahl umwandeln und erhält eine fünfstellige Zahl, die mit gleicher Wahrscheinlichkeit in den Nachkommastellen von Pi auftritt.

Betrachtet man die Zahl 0,9999..., so denken viele diese Zahl ist kleiner als 1, berechnet man diese Zahl nun ergibt sich ein erstaunliches Ergebnis. Man fängt mit 1/9=0,11111... an und addiert immer weiter auf beiden Seiten 1/9=0,1111..., dann kommt man auf 8/9=0,88888... und am Ende zu 9/9=0,9999... . Somit erhält man das Ergebnis: 1=0,9999... und die Zahl ist weder kleiner noch größer 1. Solche Überlegungen oder auch Beweise mit genialen Überlegungen empfinden selbst Nichtmathematiker als „schön“ oder beeindruckend.´

Um weiteres Interesse an der Schönheit der Mathematik zu finden, stelle ich hier das "Primzhalenbild 1-9216" von Suzanne Daetwyler vor.

 

 

Abb. 2.1:Primzahlenbild

 

In diesem Bild wird der Betrachter nicht direkt die Primzahlen erkennen, doch es eignet sich gut, in der Schule die Primzahlen etwas genauer zu betrachten. Auf den ersten Blick ist die Entstehung des Bildes nicht direkt erkennbar.

Die natürlichen Zahlen werden spiralförmig in den Kästchen angeordnet, beginnend mit der 1 im Zentrum des Bildes. Von der Mitte des Bildes werden nun im Uhrzeigersinn die übrigen Zahlen spiralförmig angeordnet. Nun färbt man alle Primzahlen mit einer Farbe ein, in diesem Fall grün. So ist das Bild auch immer fortsetzbar.

 

Abb. 2.2: Entstehung des Bildes

 

 

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